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Story vom 18.07.2024

Mit der Kuh auf Du und Du!

Story: Mit der Kuh auf Du und Du!

Die Geschichte des Hirten Luis Federspiel auf der Zadres Alm. Tradition und Natur in Nauders.

Tradition leben: Viele reden davon, Alois „Luis“ Federspiel aus Nauders macht es. Jeden Sommer verbringt der 24-Jährige auf der Zadres Alm, um Kühe zu hüten. Warum verzichtet ein junger Mensch freiwillig auf Karriere, Komfort und Wlan?

An schönen Tagen ist es eine Wanderung wie aus dem Bilderbuch, die einen zu Luis‘ Sommerwohnsitz führt. Mit dem geländetauglichen Auto geht’s von Nauders hinauf nach Parditsch, vorbei am Gasthof und viele staubige Kurven später auch vorbei an der Labaunalm, ein beliebtes Einkehrziel für Wanderer und Mountainbiker. Die Wanderung dauert etwa eine Stunde, vorbei an steinigem Gelände und Almrosen, bis das Dach der Zadres Alm sichtbar wird.
Luis‘ Zuhause von Juli bis September.

Einen knackigen Abstieg später stehen wir endlich am Tor des Zauns, der die Holzhütte umgibt. Die beiden Border-Collie-Damen Maya und Ella begrüßen die Besucher überschwänglich. „Meine besten Mitarbeiterinnen“, stellt Luis sie vor. Der Schwager vom Arabella Juniorchef Christoph schaut genau so aus, wie man sich einen Hirten vorstellt, nur in jung: kräftige Statur, Lederhose, Vollbart, wache Augen. Mit seinen 24 Jahren hält er einen wichtigen Beruf am Leben, den sich immer weniger Leute antun. Warum du, Luis?

„I han alba gwisst, dass i des will“, erzählt Luis in tiefstem Nauderer Dialekt. Schon als Kind half er bei der Verwandtschaft am Bauernhof mit, war von klein auf mit dem Vieh vertraut. Es folgte eine Ausbildung zum Koch, danach zum Metzger. Auch das Jägerhandwerk übt Luis leidenschaftlich gern aus. Alles kein Widerspruch, solange man Respekt vor dem Lebewesen hat. Dazu gehört etwa, das gesamte Tier zu verwerten und den Kreislauf aus Werden und Vergehen zu achten. Das Hirtendasein sieht Luis als Ausgleich zum Metzgerberuf, dem er in den Wintermonaten in der Schweiz nachgeht. Auch wenn er auf der Alm weniger verdient, blüht er hier erst richtig auf. Lernen könne man das Hüten nicht, meint er. Das G’spür, die Ruhe muss man schon im Blut haben. Die Überzeugung: „Weart schoa weara“ – wird schon alles gut werden.

2024 verbringt Luis bereits den fünften Sommer als Hirte, den vierten auf der Zadres Alm. Hier sorgt er dafür, dass die uralte Tradition der Almwirtschaft weiter gepflegt wird. Das Sömmern der Tiere entlastet die Bauern im Tal und verhindert, dass die wertvollen Weideflächen über der Waldgrenze verbuschen. Für den Hirten beginnt der Tag um sechs Uhr früh. Als Erstes greift Luis zum „Gugger“, dem kleinen Fernglas, tritt vor die Hütte und schaut nach dem Vieh. Sind alle da? Haben sich welche über Nacht zu weit hinaufbewegt Richtung Kreuz? In dem Fall bricht er schnell auf, um sie zurückzuholen. Ansonsten bleibt Zeit, sich noch mal ein halbes Stündchen aufs Ohr zu hauen. Weniger gemütlich geht’s bei Schlechtwetter zu, wenn der Gugger nur Grau zeigt. Dann muss Luis die Tiere suchen gehen, bei Nebel, Regen und Wind.

195 Stück Tiroler Fleck- und Grauvieh wurden dem jungen Nauderer bereits Ende Mai in Obhut gegeben wurden.

Mit Launen aller Art nimmt es Luis jedoch locker auf.
Seine Gelassenheit ist ansteckend, während wir uns auf der Holzbank vor der Alm unterhalten. Da ist kein Stress, kein ständiges Aufs-Handy-Gucken, Aufspringen. Wie ein Bär sitzt Luis in der Sonne und erzählt, dass er nur einmal täglich aufs Joch hinaufwandert, wo es Internetempfang gibt. Dann scrollt er ein paar Minuten durch die wichtigsten Nachrichten und stellt fest, nichts versäumt zu haben. Auch zum Telefonieren muss man sich ein Stück von der Hütte entfernen. Ob die Tage nicht lang werden, so ganz ohne Entertainment? „Na, na“, lacht Luis. Auch nach der ersten Kontrollrunde am Morgen gibt’s immer was zu tun. Holz hacken, diverse Reparaturarbeiten, die Hühner versorgen, am späten Nachmittag noch einmal nach den Tieren schauen, kochen … So fließen die Tage bis zum Almabtrieb im Herbst in einem wunderbar ruhigen und doch nie langweiligen Rhythmus dahin. Luis, wird man dich auch in dreißig Jahren noch auf der Alm treffen? „I glob schoa.“

 

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